Album

Justus Hermann Wetzel und seine Zeitgenossen

Du liebe, treue Laute,
Wie manche Sommernacht,
Bis daß der Morgen graute,
Hab' ich mit dir durchwacht!

Die Täler, wieder nachten,
Kaum spielt noch Abendrot,
Doch die sonst mit uns wachten,
Die liegen lange tot.

Was wollen wir nun singen
Hier in der Einsamkeit,
Wenn alle von uns gingen,
Die unser Lied erfreut'?

Wir wollen dennoch singen!
So still ist's auf der Welt;
Wer weiß, die Lieder dringen
Vielleicht zum Sternezelt.

Wer weiß, die da gestorben,
Sie hören droben mich
Und öffnen leis' die Pforten
Und nehmen uns zu sich.

Bleib bei uns! Wir haben den Tanzplan im Tal 
bedeckt mit Mondesglanze, 
Johanneswürmchen erleuchten den Saal, 
die Heimchen spielen zum Tanze. 

Die Freude, das schöne leichtgläubige Kind, 
es wiegt sich in Abendwinden: 
Wo Silber auf Zweigen und Büschen rinnt,
da wirst du die Schönste finden.

Wie heißt König Ringangs Töchterlein?
  Rohtraut, Schön-Rohtraut.
Was tut sie denn den ganzen Tag,
Da sie wohl nicht spinnen und nähen mag?
  Tut fischen und jagen.
O daß ich doch ihr Jäger wär'!
Fischen and Jagen freute mich sehr.
  -- Schweig stille, mein Herze!

Und über eine kleine Weil',
  Rohtraut, Schön-Rohtraut,
So dient der Knab' auf Ringangs Schloß
In Jägertracht und hat ein Roß,
  Mit Rohtraut zu jagen.
O daß ich doch ein Königssohn wär'!
Rohtraut, Schön-Rohtraut lieb' ich so sehr.
  -- Schweig' stille, mein Herze!

Einsmals sie ruh'ten am Eichenbaum,
  Da lacht Schön-Rohtraut:
Was siehst mich an so wunniglich?
Wenn du das Herz hast, küsse mich!
  Ach! erschrak der Knabe!
Doch denket er: mir ist's vergunnt,
Und küsset Schön-Rohtraut auf den Mund.
  -- Schweig' stille, mein Herze!

Darauf sie ritten schweigend heim,
  Rohtraut, Schön-Rohtraut;
Es jauchzt der Knab' in seinem Sinn:
Und würdst du heute Kaiserin,
  Mich sollt's nicht kränken:
Ihr tausend Blätter im Walde wißt,
Ich hab' Schön-Rohtrauts Mund geküßt!
  -- Schweig' stille, mein Herze.

Es fiedeln die Geigen, 
Da tritt in den Reigen 
Ein seltsamer Gast; 
Kennt keiner den Dürren, 
Galant aus dem Schwirren 
Die Braut er sich faßt. 

Hebt an, sich zu schwenken 
In allen Gelenken. 
Das Fräulein im Kranz:
«Euch knacken die Beine – »
«Bald rasseln auch deine, 
Frisch auf spielt zum Tanz!»

Die Spröde hinterm Fächer, 
Der Zecher vom Becher, 
Der Dichter so lind. 
Muß auch mit zum Tanze, 
Daß die Lorbeern vom Kranze 
Fliegen im Wind.

So schnurret der Reigen 
Zum Saal 'raus ins Schweigen 
Der prächtigen Nacht; 
Die Klänge verwehen, 
Die Hähne schon krähen, 
Da verstieben sie sacht. –

So gings schon vor Zeiten 
Und geht es noch heute, 
Und hörest du hell 
Aufspielen zum Reigen, 
Wer weiß, wem sie geigen, –
Hüt dich, Gesell!

Auf ihrem Leibrößlein
So weiß wie der Schnee,
Die schönste Prinzessin
Reit't durch die Allee.

Der Weg, den das Rößlein
Hintanzet so hold,
Der Sand, den ich streute,
Er blinket wie Gold!

Du rosenfarbs Hütlein
Wohl auf und wohl ab,
O wirf eine Feder,
Verstohlen herab!

Und willst du dagegen
Eine Blüte von mir,
Nimm tausend für eine,
Nimm alle dafür!

Ich ging im Walde
So für mich hin,
Und Nichts zu suchen,
Das war mein Sinn.

Im Schatten sah ich
Ein Blümchen stehn,
Wie Sterne leuchtend,
Wie Äuglein schön.

Ich wollt' es brechen,
Da sagt' es fein:
"Soll ich zum Welken
Gebrochen sein?"

Ich grub's mit allem
Den Würzlein aus,
Zum Garten trug ich's
Am hübschen Haus.

Und pflanzt' es wieder
Am stillen Ort;
Nun zweigt es immer
Und blüht so fort.

I

Mit Mädeln sich vertragen,
Mit Männern 'rumgeschlagen,
Und mehr Credit als Geld;
So kommt man durch die Welt.

Mit vielem läßt sich schmausen;
Mit wenig läßt sich hausen;
Daß wenig vieles sey,
Schafft nur die Lust herbei.

Will sie sich nicht bequemen,
So müßt ihr's eben nehmen.
Will einer nicht vom Ort,
So jagt ihn g'rade fort.

Laßt alle nur mißgönnen,
Was sie nicht nehmen können,
Und seid von Herzen froh;
Das ist das A und O.

So fahret fort zu dichten,
Euch nach der Welt zu richten.
Bedenkt in Wohl und Weh
Dieß goldne A B C.

II

Liebesqual verschmäht mein Herz,
Sanften Jammer, süßen Schmerz;
Nur vom Tücht'gen will ich wissen,
Heißem Äuglen, derben Küssen.
Sei ein armer Hund erfrischt
Von der Lust, mit Pein gemischt!
Mädchen, gib der frischen Brust
Nichts von Pein und alle Lust.

O Grille, sing,
Die Nacht ist lang.
Ich weiß nicht, ob ich leben darf
Bis an das End von deinem Sang.

Die Fenster stehen aufgemacht.
Ich weiß nicht, ob ich schauen darf
Bis an das End von dieser Nacht.

O Grille, sing, sing unbedacht,
Die Lust geht hin,
Und Leid erwacht.
Und Lust im Leid, -
Mehr bringt sie nicht, die lange Nacht.

Ein Blumenglöckchen 
Vom Boden hervor
War früh gesprosset
In lieblichem Flor;
Da kam ein Bienchen
Und naschte fein: –
Die müssen wohl beide 
Für einander sein.

Als ich ein junger Geselle war, 
lustig und guter Dinge,
da hielten die Maler offenbar 
mein Gesicht für viel zu geringe;
dafür war mir manch schönes Kind
dazumal von Herzen treu gesinnt.

Nun ich hier als Altmeister sitz', 
rufen sie mich aus auf Straßen und Gaßen,
zu haben bin ich, wie der alte Fritz, 
auf Pfeifenköpfen und Tassen.
Doch die schönen Kinder die bleiben fern.
O Traum der Jugend! O goldner Stern!

Schwarzbrauner Hufschmied, ich will dir sagen:
Du sollst meinem Rößlein ein Eisen anschlagen.
Das Rößlein ist lahm. 
Gertrud ist mein Nam'.

Das Eisen will ich ihm wohl anschlagen.
Was aber soll denn mein Lohn betragen?
Ich heiße Willfrid. 
Umsonst tu ich's nit.

"Einen blanken Gulden sollst du bekommen."
Ein blanker Gulden mag mir nicht frommen.
Ein Küßchen ich will. 
Das ist nicht zuviel.

"Eh' daß du Frecher ein Küßlein wirst haben,
will ich zu Fuß mit dem Schimmelein traben.
Solch dreister Kumpan! 
Wohlan denn! fang an.

Schwarzbrauner Hufschmied, was machst du für Sachen?
Du tust ja die ändern drei Eisen abmachen.
Was hat das für Sinn? 
Erkläre, beginn."

"Ein Eisen ein Küßlein war ausbedungen.
Vier Eisen dem Schimmelein angezwungen,
gibt der Küßlein vier, 
wofern ich nicht irr'."

"Schwarzbrauner Hufschmied, mach doch die Eisen,
so daß ich's nicht merke, heimlich im leisen,
mach doch die Eisen, sag', 
die Eisen, noch einmal ab."

Abends, wenn der letzte Strahl vom Gipfel leuchtet, 
Und der blaue Nebelduft das Tal befeuchtet, 
Kommen im Verstohlenen mit leisen Schritten 
Aus dem Föhrenwald zwei Mägdlein angeritten, 
Hängen ihre luft'gen Schleier an mein Gärtchen, 
Springen leichten Schwungs behende von den Pferdchen, 
Schmiegen sich am Tor behaglich in die Ecke, 
Allda plaudern sie im sonnigen Verstecke;
Während in mein Stübchen durch die Blumentöpfe 
Beide Rösslein schieben ihre klugen Köpfe.
Plötzlich, wenn die Dämm'rung schreitet durch die Tannen, 
Stehn sie hurtig auf und sprengen rasch von dannen.
Was sie sich erzählen, konnt ich nie ermessen, 
Doch am Zaun die Schleier haben sie vergessen.

Erdbeeren glühn im Garten […]

Text noch urheberrechtlich geschützt.

Komplettabdruck unter lieder.net

Der Herbstwind schüttelt die Linde,
Wie geht die Welt so geschwinde!
Halte dein Kindlein warm.
Der Sommer ist hingefahren,
Da wir zusammen waren --
Ach, die sich lieben, wie arm!

Wie arm, die sich lieben und scheiden!
Das haben erfahren wir beiden,
Mir graut vor dem stillen Haus.
Dein Tüchlein noch läßt du wehen,
Ich kann's vor Tränen kaum sehen,
Schau still in die Gasse hinaus.

Die Gassen schauen noch nächtig,
Es rasselt der Wagen bedächtig -
Nun plötzlich rascher der Trott
Durchs Tor in die Stille der Felder,
Da grüßen so mutig die Wälder,
Lieb Töchterlein, fahre mit Gott!

Gestern fand ich, räumend eines langvergessnen Schrankes Fächer,
Den vom Vater mir vererbten, meinen ersten Reisebecher.
Währenddeß ich, leise singend, reinigt ihn vom Staub der Jahre,
War's, als höbe mir ein Bergwind aus der Stirn die grauen Haare,
War's, als dufteten die Matten, drein ich schlummernd lag versunken,
War's, als rauschten alle Quelle, draus ich wandernd einst getrunken.

Dunkle Giebel, hohe Fenster,
Türme wie aus Nebel sehn.
Bleiche Statuen wie Gespenster
Lautlos an den Türen stehn.

Träumerisch der Mond drauf scheinet,
Dem die Stadt gar wohl gefällt,
Als läg' zauberhaft versteinet
Drunten eine Märchenwelt.

Ringsher durch das tiefe Lauschen,
Über alle Häuser weit,
Nur des Meeres fernes Rauschen.
Wunderbare Einsamkeit!

Und der Türmer wie vor Jahren
singet ein uraltes Lied:
Wolle Gott den Schiffer wahren,
Der bei Nacht vorüberzieht.

Füllest wieder Busch und Thal
Still mit Nebelglanz,
Lösest endlich auch einmal
Meine Seele ganz;

Breitest über mein Gefild
Lindernd deinen Blick,
Wie des Freundes Auge mild
Über mein Geschick.

Jeden Nachklang fühlt mein Herz
Froh- und trüber Zeit,
Wandle zwischen Freud' und Schmerz
In der Einsamkeit.

Fließe, fließe, lieber Fluß!
Nimmer werd' ich froh,
So verrauschte Scherz und Kuß,
Und die Treue so.

Ich besaß es doch einmal,
Was so köstlich ist!
Daß man doch zu seiner Qual
Nimmer es vergißt!

Rausche, Fluß, das Thal entlang,
Ohne Rast und Ruh,
Rausche, flüstre meinem Sang
Melodien zu,

Wenn du in der Winternacht
Wüthend überschwillst,
Oder um die Frühlingspracht
Junger Knospen quillst.

Selig, wer sich vor der Welt
Ohne Haß verschließt,
Einen Freund am Busen hält
Und mit dem genießt,

Was, von Menschen nicht gewußt
Oder nicht bedacht,
Durch das Labyrinth der Brust
Wandelt in der Nacht.

Kophtisches Lied I

Lasset Gelehrte sich zanken und streiten,
Streng und bedächtig die Lehrer auch seyn!
Alle die Weisesten aller der Zeiten 
Lächeln und winken und stimmen mit ein:
Thöricht, auf Bessrung der Thoren zu harren!
Kinder der Klugheit, o! habet die Narren
Eben zum Narren auch wie sich's gehört.

Merlin der Alte, im leuchtenden Grabe,
Wo ich als Jüngling gesprochen ihn habe,
Hat mich mit ähnlicher Antwort belehrt:
Thöricht, auf Bessrung der Thoren zu harren!
Kinder der Klugheit, o! habet die Narren
Eben zum Narren auch, wie sich's gehört.

Und auf den Höhen der Indischen Lüfte
Und in den Tiefen Ägyptischer Grüfte
Hab ich das heilige Wort nur gehört:
Thöricht, auf Bessrung der Thoren zu harren!
Kinder der Klugheit, o! habet die Narren
Eben zum Narren auch wie sich's gehört!

Kopthisches Lied II

Geh! Gehorche meinen Winken,
Nutze deine jungen Tage,
Lerne zeitig klüger seyn,
Auf des Glückes großer Wage
Steht die Zunge selten ein.
Du mußt steigen oder sinken,
Du mußt herrschen und gewinnen
Oder dienen und verlieren,
Leiden oder triumphiren,
Ambos oder Hammer seyn.

Sah ein Knab' ein Röslein stehn,
Röslein auf der Heiden,
War so jung und morgenschön,
Lief er schnell es nah zu sehn,
Sah's mit vielen Freuden.
Röslein, Röslein, Röslein roth,
Röslein auf der Heiden.

Knabe sprach: ich breche dich,
Röslein auf der Heiden!
Röslein sprach: ich steche dich,
Daß du ewig denkst an mich,
Und ich will's nicht leiden.
Röslein, Röslein, Röslein roth,
Röslein auf der Heiden.

Und der wilde Knabe brach
's Röslein auf der Heiden;
Röslein wehrte sich und stach,
Half ihr doch kein Weh und Ach,
Mußt' es eben leiden.
Röslein, Röslein, Röslein roth,
Röslein auf der Heiden.

Gib uns deine milde Hand!

[…]

Text urheberrechtlich geschützt

Vollabdruck auf lieder.net

Seele, banger Vogel du

[…]

Urheberrechtlich geschützt

Komplettabdruck unter lieder.net

Klavier und Geige, die ich wahrlich schätze,

[…]

Urheberrechtlich geschützt.

Komplettabdruck unter lieder.net

Winterabends, wenn am Wirtstisch 
Männer beim Gespräche sind 
Und die Betzeitglocke draußen 
Zittert durch den Schnee und Wind, 
Zieht ein Schweigen durch die Stube.
Jedermanns Gedanke spürt 
Wehmutsvoll den stillen Heimweg, 
Der zu einstigen Eltern führt.
Abgewendet seufzt die Wirtin 
Ein verstohlenes Gebet;
Doch mit ausgedientem Auge,
Das kein Tränlein mehr versteht, 
Aechzt der Alte um den Ofen, 
Mühsam auf den Stock gestützt, 
Denkt des Todes in der Hüfte 
Und wozu das Leben nützt.

Andre Sage singt das Glöcklein 
Oben in das Kämmerlein:
Singt dem Knäblein in die Seele 
Schaurigschönen Märchenschein.
Singt ihm von der unbekannten, 
Abenteuerlichen Nacht, 
Wo im finstern Wald der Wolf schleicht 
Und die böse Eule lacht
Wo die leisen Sterne geistern, 
Wo die Hexe sich vermummt –
Da verklingt das Glöcklein, flackert 
In die Ferne und verstummt.
Staunend gafft ihm nach der Knabe;
Mit dem letzten Nachhall lischt 
Sein umschlummertes Bewußtsein.
Doch Erinnrung, traumverwischt, 
Wiederholt ihm jetzt im Schlafe, 
Was die gute Gotte-Welt 
Alles doch in ihrem Fürtuch 
Für Gevatterkram enthält:
Osterhas und Urgroßmutter, 
Zebra, Storch und Känguruh, 
Weihnachtsbäume mit Sankt Niklas, 
Fastnachtfeuer noch dazu.
Schade, vieles ist verboten, 
Weil ein Kind du, sagt man, bist.
Aber muß das herrlich werden
Wenn man einst erwachsen ist!